Ölgemälde, 73 x 94 cm
Gespenster, großäugig, gleichermaßen ein wenig unheimlich und spaßhaft, huschen durch die Nacht. Sie schweben durch Dahlems Bild, halten Blickkontakt mit den Betrachter:innen und stellen so eine direkte Verbindung zu ihnen her. Ihre filigrane Leichtigkeit steht im Gegensatz zu dem klar strukturierten dunklen Hintergrund einer nächtlichen, fantastischen Stadt. Sie stehen für eine Seite von Dahlems Gesamtwerk, in der er übernatürliche Erscheinungen (beispielsweise Geister oder Hexen) thematisiert. Damit folgen sie Dahlems bildkünstlerischem Streben, wie es Waltraud Huth-Fox in „Hans Dahlem – Retrospektive 1948 – 1993“ (Blieskastel, 1993) beschreibt: „Hans Dahlem sieht seine bildkünstlerische Aufgabe darin, eine künstlerisch-geistige oder auch irrationale Welt (im Sinne von ‚mit dem Verstand nicht mehr fassbar‘) der sichtbaren Welt, der Realität gegenüberzustellen. Dahlem erschließt Wahrheiten, die gegenüber denen des real Erfahrbaren in der Überzahl sind. Die Relativität der sichtbaren Dinge wird offenbar und es wird deutlich, dass das Sichtbare im Verhältnis zum Gesamtkosmos nur einen isolierten Bereich darstellt.“

Hans Dahlem (*1928 in Blieskastel, †2006 in Saarbrücken, beides Deutschland) war Maler, Grafiker und Objektkünstler und zudem mit Arno Krause, dem Gründungsdirektor der Europäischen Akademie Otzenhausen, befreundet. Er gehörte zu den Künstler:innenn, die die saarländische Kunst in der Nachkriegszeit maßgeblich weiterentwickelt haben. In der Akademie stellte er zwei Mal aus: 1972 mit einer Einzelausstellung und 1974 mit einer Gemeinschaftsausstellung der Gruppe „Fisematenten“. Der Surrealismus prägte seine Arbeit, ebenso wie zeitweise der Kubismus. Als Leitmotiv seiner Werke wählte Dahlem häufig zeitgenössische Prosa und Poesie und ließ sich dabei insbesondere von seinem engen Freund Ludwig Harig, einem saarländischen Schriftsteller und Literaturübersetzer, inspirieren. Ebenso faszinierten ihn mythische oder auch rationale Erklärungen zur Entstehung der Welt (Kosmogonie) der verschiedenen Völker. Dieses Motiv bestimmte seit 1963 in schier unendlichen Variationen seine Arbeit.