Zeichnungen, hier: Unbekannt, 73 x 64 cm
Zwei kleine Mädchen, mit dem Rücken zu den Betrachter:innen in ihr Puppenspiel versunken. Sie stehen beispielhaft für die meisten der Werke Alfred Fuchs‘, die an der Akademie gezeigt werden - Kinder vom Babyalter bis zum Teenager, bei den Kleinen oft in Verbindung mit einer liebenden Mutter. Die Thematik und der Ausdruck dieser mehr als 30 Zeichnungen, die zwischen 1967 und 1989 entstanden, ergeben sich aus dem Schicksal der Familie Fuchs (s. weiter unten).

Beate Reifenscheid schreibt dazu:
„Nähert man sich den Arbeiten von Alfred Fuchs, wird augenblicklich deutlich, dass heitere Gelassenheit und bunte Naivität seine Welt der Malerei bestimmen. Es sind immer wieder kleine, eher unscheinbare Episoden des Alltags oder, wenn Sie so wollen, die kleinen Sensationen, die nicht selten aus dem Blickwinkel der Kinder gedacht und empfunden sind. Häufig sind es Kinder und ihre Mütter, die ihm zum Symbol für Schutz und Liebe, aber auch für ein ungerechtes Ausgeliefertsein den weltpolitischen Mächten gegenüber geraten. (…) Gegen Gewalt und Unterdrückung stellt Alfred Fuchs Zeichnungen, mütterliche Umarmung und Geborgenheit. (…) Geradezu alles steht in mächtigen, bunten Farben vor uns. Farben, die mitunter sehr kontrastreich aufeinanderprallen oder in gewagt süßlichen Tönen den Blick auf sich lenken. (…) Es ist eine Spurensuche nach den Erinnerungen an eine glückliche, unbekümmerte Kindheit. Einer Kindheit, die in Saarbrücken einmal begann und die der Zweite Weltkrieg und die Judenverfolgung jäh beendet haben.“ (aus: „Unter der Kerze ist Schatten – Das Leben des Malers Alfred Fuchs“, Hrsg. Arno Krause und Roswitha Jungfleisch, Gollenstein Verlag Blieskastel 2005, S. 185 – 187). Neben dem Zyklus "Kinderleben" zeigt die Akademie Werke aus zwei weiteren Serien Alfred Fuchs': "Antikriegszeichnungen" und "Landschaften, Städte und Dörfer".

Alfred Fuchs (*1925 in Saarbrücken, heute Deutschland, †2003 in Prag, Tschechische Republik) wurde als zweites von drei Kindern eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter in Saarbrücken geboren. Im Oktober 1935 siedelte die Familie nach Prag über. Ihre Hoffnungen, dort dem Nazi-Terror zu entgehen, erfüllten sich nicht. Die Familie überlebte ihn zwar, wurde jedoch von den Erfahrungen der Flucht, gesellschaftlichen Ächtung, Trennung und Inhaftierung zutiefst geprägt.

Alfred Fuchs kann der zeitgenössischen gegenständlichen Malerei zugeordnet werden, arbeitet aber auch mit Elementen der Impressionisten. Seine Kunst nimmt eindeutig Stellung gegen Krieg und Unterdrückung und ruft zur Menschlichkeit auf (Zyklen mit Antikriegszeichnungen). Den Betrachter:innen nahe – wenn auch auf ganz andere Weise - gehen insbesondere die Zeichnungen zum Thema „Mutter und Kind". Darin verarbeitet er die Sehnsucht nach einer unbeschwerten Kindheit ebenso wie den Verlust seiner kleinen Schwester Adele. Mit einem der Kindertransporte, mit denen jüdische Kinder 1938/1939 aus dem Deutschen Reich nach Großbritannien ausreisen konnten, kam sie nach Schottland. Dort fand sie eine neue Heimat, blieb jedoch nach dem Krieg ihrer ursprünglichen Familie stets fremd. Sie hatte überlebt, aber die Familie Fuchs hatte ihre Tochter trotzdem verloren.

Alfred Fuchs stellte 1993 gemeinsam mit Jaroslav Vaček aus, einem befreundeten tschechischen Bildhauer, der ebenfalls mit mehreren Werken an der Akademie vertreten ist. Der Europäischen Akademie Otzenhausen blieb Fuchs stets verbunden, stiftete ihr 39 Bilder und ist seit 1998 ihr einziges Ehrenmitglied.

Bei uns ist das Buch „Unter der Kerze ist Schatten" von Dr. Sabine Graf über Alfred Fuchs‘ Leben erhältlich, das die Akademie im Jahre 2005 herausgab.