Öl auf Leinwand, 160 x 200 cm
In den 1980er Jahren fand Fetting neben seiner Wahlheimat Berlin in New York einen zweiten Lebensmittelpunkt. Manhattan, einer von fünf Stadtteilen New Yorks und quirliges wirtschaftliches Zentrum dieser Stadt, stellte eine exotische, größere und noch facettenreichere Variante des Lebens in Berlin dar. Hinzu kommt, dass der Großstadtdschungel zu Fettings bevorzugten Bildthemen gehört und er in dieser Stadt viele neue Anregungen für seine künstlerische Arbeit fand. Dabei kombiniert er gern Gesehenes mit Imaginärem (s. auch "Selbstporträt als Rembrandt am Leninplatz", 1991) und versetzt historische Persönlichkeiten an einen anderen Ort in eine andere Zeit. Diese oft ungewöhnlichen Darstellungsformen spiegeln Fettings Befindlichkeiten und sein Streben nach künstlerischer Freiheit. Fetting forderte seinerzeit den Kunstmarkt ebenso wie die Gesellschaft heraus: Seine neue, "wilde" Form der Malerei, seine Sujets und auch seine offen ausgelebte Homosexualität waren nicht unumstritten. So sehr ihn der Erfolg einerseits verwöhnte, so sehr kennzeichneten auch andererseits Unruhe und Widerstand gegen die Verhältnisse sein Leben.

Hier dominiert ein grob skizzierter Lenin dieses Bild im Vordergrund und verschmilzt doch farblich fast mit dem Hintergrund der Betonwüste, während rechts eines der knallgelben New Yorker Taxis angedeutet ist, denen Fetting in zahlreichen Gemälden ein Denkmal setzt. Fantasie und Wirklichkeit: Weder war Lenin selbst jemals in New York, noch gibt es dort einen nach ihm benannten Platz. Trotzdem ist der Revolutionär und damalige Begründer der Sowjetunion in dieser Stadt präsent: Eine Lenin-Statue mit zum Gruß hochgerecktem Arm stand rund zwanzig Jahre lang auf einem Gebäude am Red Square (Roten Platz) im East Village und wurde 2016 an die Lower East Side verbracht.

Rainer Fetting (*1949 in Wilhelmshaven, Deutschland) ist einer der bekanntesten Vertreter der Neuen Wilden. Er studierte von 1972 bis 1978 in Berlin und zeigte seine ersten Ausstellungen in der Galerie am Moritzplatz. Ein Stipendium des DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V.) brachte ihn 1978 nach New York, wo er zwischen 1983 und 1994 zeitweise lebte. Der Aufenthalt in beiden Metropolen – Berlin und New York – prägte ihn und seine Kunst zutiefst, so dass zahlreiche Werke Fettings das Leben in diesen Städten aufgreifen. Dabei thematisiert er insbesondere die Berliner Mauer bzw. die Randzonen New Yorks. Fetting wurde zu einem ebenso bekannten und begehrten wie rastlosen Künstler: Er zeigte fast jährlich in Europa und den USA in namhaften Galerien und Museen große Einzelausstellungen und nahm an zahllosen Gruppenausstellungen teil.

Fettings Werk ist expressiv und farbstark. Neben dem großstädtischen Leben malt er bevorzugt den männlichen Akt sowie, im Gegensatz dazu, Natur- und Landschaftsdarstellungen. Hinzu kommen Porträts und Figuren, Aquarelle, Papierarbeiten und Fotografien. Seit 1986 fertigt er ebenso erfolgreich Bronzeskulpturen an. Die monumentale Willy-Brandt-Statue im Willy-Brandt-Haus in Berlin ist eine seiner bekanntesten Plastiken – sie misst stolze 3,40 Meter und bringt mehr als 500 kg auf die Waage. Fetting lebt und arbeitet heute in Berlin und auf Sylt.