Ölgemälde, 61 x 72 cm
Zeitgeschichte an der Akademie: Sie präsentiert drei Arbeiterdarstellungen Ria Picco-Rückerts sowie das Porträt eines Arbeiters, die sämtlich nach dem Krieg – 1951 – entstanden sind. Dieser Arbeiter steht im Gegensatz zu den übrigen Bildern Picco-Rückerts an der Akademie: Er ist das Hauptmotiv, einfach und sauber, seiner Zeit und seinem Berufsstand gemäß gekleidet und schaut müde und versonnen an den Betrachter:innen vorbei. Man nimmt ihn als Person und als Menschen wahr. Damit ist er eine Ausnahme, obgleich Arbeiter auch in den anderen Werken Picco-Rückerts an der Akademie eine Rolle spielen: Dort bildet sie Menschen ab, die in einem Stahlwerk im Dunkel arbeiten, das nur vom Glühen des Eisens durchbrochen wird. Übermächtige, kalt funktionierende Maschinen dominieren die Szene. Die Silhouetten von Arbeitern verschmelzen mit ihrer Lebenswelt und gehen in ihr auf. Die harten Bedingungen, unter denen diese Menschen ihr Brot verdienten, werden in Picco-Rückerts Bildern fühlbar.

Ria Picco-Rückert (*1900 in Nürnberg, †1966 ebenda, Deutschland) war als „Industriemalerin“ bekannt. Sie studierte an der Kunstgewerbeschule Nürnberg und machte sich nach Stationen an Akademien in Stuttgart, Wien und Weimar als freie Künstlerin in Nürnberg selbstständig. Ihre Werke bilden die alte Hütten- und Bergbauindustrie ab. In ihrer vierzigjährigen Karriere hat sie wohl zwischen 3.000 und 6.000 Bilder gemalt. Picco-Rückerts Portraits und Wandmalereien aus den ersten Jahren wurden seit 1927 fast ausschließlich durch Darstellungen der Schwerindustrie verdrängt. Ihre Motive fand sie an Rhein und Ruhr, an der Saar, in Elsass-Lothringen und Oberschlesien. Stahl- und Walzwerke, Hochöfen, Brücken und Maschinen waren Picco-Rückerts Bildthemen, mit den schaffenden Menschen an ihrem Arbeitsplatz. Zwischen 1929 und 2006 wurden über 60 Ausstellungen von ihr gezeigt.

Dabei ist sie nicht unumstritten, denn auch im Dritten Reich hatte sie Erfolg. Ihre Motive aus der Schwerindustrie, aber auch ihre damalige Formensprache passten perfekt zur Propaganda der Nationalsozialisten. Mit über 20 Werken war sie in großen Kunstausstellungen vertreten. Joseph Göbbels (u.a. Reichspropagandaleiter und Präsident der Reichskulturkammer) und Albert Speer (u.a. Architekt der Monumentalbauten und Reichsminister für Bewaffnung und Munition), beide Vertraute Adolf Hitlers, kauften ihre Bilder. Obgleich Picco-Rückert nie Parteimitglied war, ließ sie sich in den Dienst des Systems stellen. Dabei sollten ihre Bilder, so ihre Aussage, lediglich den Stand der Technik und die Arbeitswelt zeigen.

Auch nach dem Krieg konnte sie ihren Erfolg zunächst fortsetzen. Im Laufe der Zeit änderte sich jedoch der Kunstgeschmack, so dass sie, auch nach privaten Schicksalsschlägen, 1966 verarmt starb.