Öl, Kunstharz, Nessel, 115 x 140 cm
Ein Mensch steht auf einer Anhöhe mit weit ausgebreiteten Armen, als wolle er springen, abheben in das farbige, schemenhafte Unbekannte vor ihm. Im Vordergrund des Bildes, über diesen Menschen gelegt, fliegt ein schwarzer Kormoran. Auch seine Flügel sind entfaltet und messen sich in ihrer Breite mit den Armen des Menschen. „Spannweiten“ vermaß Bernd Koberling gleich mehrfach in seinem Zyklus „Man and Beast“ (1982 bis 1987) mit mehreren gleichnamigen Bildern. Sie zeigen jeweils in unterschiedlichen Ausprägungen eine menschliche Gestalt mit weit ausgebreiteten Armen sowie einen fliegenden Kormoran, der ebenso wie der Mensch bei anderen Gemälden dieser Serie auch als Einzelmotiv auftaucht. Zu diesem Zyklus gehören ebenfalls Bilder von Walen und Strandarbeitern. Sie alle verdeutlichen in dramatisch-expressiver Pinselführung das Spannungsfeld zwischen Mensch und Landschaft, der vitalen und unberührten Natur und ihrer Umformung durch den Menschen – und wie prekär damit ihr Verhältnis zueinander ist.

Bernd Koberling (*1938 in Berlin, Deutschland) wuchs im Nachkriegs-Berlin auf. Er lebt und arbeitet heute in dieser Stadt und auf Island. Er lernte Koch und verdiente sich in seinen Anfangsjahren in der Gastronomie seinen Lebensunterhalt. Gleichzeitig verwirklichte er seinen Traum und studierte von 1958 bis 1960 Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Gemeinsam mit anderen gründete Koberling die neoexpressionistische Künstlergruppe „Vision“ und gehörte - wie Hödicke und Lüpertz (die ebenfalls in der Akademie gezeigt werden) - der ersten Künstlerselbsthilfegalerie Großgörschen 35 an. Diese Galerie war ein Experiment und eine der ersten Selbsthilfegalerien überhaupt, die Pate stand für weitere derartige Projekte. Die jungen Maler wollten ein Zeichen setzen gegen den starren, etablierten Kunstbetrieb.

Bernd Koberling wurde rasch erfolgreich: Er lehrte Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und an der Hochschule der Künste in Berlin. Besonders bekannt wurde er in den 1980er Jahren als einer der „Väter“ der Neuen Wilden – leuchtende Farben auf großformatiger Leinwand, Malerei wie im Farbenrausch, wurden ihr Markenzeichen. Dies ist jedoch nur ein Teil seines umfassenden Gesamtwerks, das im Verlauf von über 60 Jahren entstand. Seine Kunst geht auf den Abstrakten Expressionismus zurück. Dabei arbeitete er in verschiedenen Phasen mit Bilderserien, an denen sich der Wandel in seiner Interpretation und Wahrnehmung seiner Motive ablesen lässt. Neben dem turbulenten Leben in der Stadt suchte er immer mehr Ruhe und unberührte Natur in Nordschweden, den Bergen Lapplands und auf Island, wo er rund 40 Jahre seines Lebens zeitweise verbrachte. Beide waren ihm gleichermaßen Ruhepunkt und Inspirationsquelle, so dass die Darstellung von Natur und Landschaft in ihren vielen Facetten zum Hauptthema seiner Werke werden sollte.